Der vierte und fünfte Monat

Aiko wird allmählich größer und selbstbewusster. Frech bellt er uns jetzt an, um zum Spielen aufzufordern oder wenn er etwas von unseren Mahlzeiten abbekommen möchte. Irgendwie hatten wir es nämlich doch nicht so ganz vor ihm verbergen können, dass der eine oder andere Knochen, den er bekam, letztlich von unserem Tisch stammte. Natürlich erwartete er dann immer etwas, sobald sich die Familie zum Essen setzte. Ich habe schließlich ziemlich energisch mit ihm werden müssen, bis unser Husky sein lautstarkes Fordern wieder aufgab.

Auch an Kraft und Kondition nahm er nun immer mehr zu. Das bedeutete, dass unser 6-jähriger Sohn David nun nicht mehr kurz mit Aiko Gassi gehen konnte, zu sehr zog der heranwachsende Hund inzwischen an der Leine. Das bedeutete auch, dass unser kleiner Freund sich mit weniger als zwei Stunden Auslauf am Tag kaum noch zufrieden gab. Glücklich waren wir dann immer, wenn wir bei unseren Spaziergängen Sita trafen, eine junge und noch verspielte Dogge, die in ihrem Übermut unseren viel kleineren Aiko oftmals zwar regelrecht überrannte, was er mit schmerzlichem Quieken beantwortete, deren Spiel ihn aber auch völlig auslastete und uns dann allesamt zufrieden heimkehren ließ. Natürlich war die ziemlich groß geratene Hundedame Sita nicht allein unterwegs, sondern stets mit ihrem „Frauchen“, einer netten Nachbarin, die wir auf diesem Wege näher kennen lernten. Wie wir nun überhaupt mit etlichen Hundebesitzern aus der Umgebung in Kontakt kamen, an denen wir früher - wie alle anderen bemitleidenswerten Hundelosen - allenfalls von Ferne winkend mit dem Auto vorbeifuhren.

Aiko liebt alles, was nass ist. Bild 6

Am liebsten ist es unserem Sibirier übrigens, wenn es bei den Spaziergängen draußen recht kühl und nass zugeht. Im strömenden Regen saust er dann durch quatschnasse Wiesen und vollführt wahre „Bocksprünge“ vor lauter Lebensfreude.

Und noch etwas macht ein kleiner Husky in diesem Alter offenbar schon gern, allerdings dies eher zum Leidwesen seines Halters: Während er sich von der Verfolgung von Kühen, die ihm eh etwas groß und unheimlich waren, ja noch mit einigen strengen Rufen abbringen ließ, löste jedoch das arme Federvieh unhaltbar seinen Jagdinstinkt aus. Eines Tages jedenfalls - Aiko war gerade im zarten Alter von viereinhalb Monaten – sichtete er in einiger Entfernung eine bisher von uns nicht registrierte Hühnerschar. Und schon war unser kleiner Jäger auf und davon! Da half auch kein Rufen, Locken, Schimpfen. Der arme Hahn musste ein Gutteil seiner üppigen Schwanzfedern lassen und konnte schließlich nur noch mit letzter Kraft unter einen schützenden Strauch fliehen, wo ihn sein Besitzer dann dem Kollaps nahe auffand. Dieser reagierte, da selbst auch Hundebesitzer, noch einigermaßen verständnisvoll. Doch legte dieser Vorfall eindrucksvoll genug nahe, dass es an der Zeit war, mit unserem nun nicht mehr so ganz kleinen Schlittenhund ein intensiveres Erziehungsprogramm zu beginnen und damit nicht noch bis zum siebten Monat zu warten, wie man es vielleicht bei manchen anderen Hunderassen empfehlen würde.

Bei etlichen Gelegenheiten wird es nötig, den jungen Hund an die Leine zu nehmen, nicht nur wenn Hühner in Sichtweite geraten, sondern auch beim Straßen Überqueren oder z.B. wenn ein Radfahrer herannaht, dem junge Hunde nur allzu gerne nachspringen würden. Völlig vergeblich ist sonst jeder Versuch, unseren Vierbeiner jetzt noch zu fassen zu bekommen. Inzwischen ist er dazu viel zu schnell geworden, und an der Leine zu laufen, ist so ziemlich das Letzte, was ihm in solch verlockenden Situationen behagt. Da heißt es also, den Hund rechtzeitig herbeizurufen, solange die „Gefahr“ noch weit genug entfernt ist. Natürlich muss er zuvor das Kommando „Hier“ kennen gelernt haben, wie dies bei Aiko in Verbindung mit reichlich „Leckerlis“ geschah, mit denen wir uns heute noch vor jedem Ausgang mit ihm die Taschen füllen. Da Huskies, wie fast alle jungen Hunde, liebend gern mit allem, was sich schnell bewegt, mitlaufen, kann man sie recht gut ablenken, indem man an manchen verführerischen Stellen einfach vorbeirennt. Im Falle von Aiko gehörten dazu beispielsweise diese schönen, weichen und furchtbar schmutzigen Matsch- oder Sumpflöcher, in die er nur zu gern bis zum Bauch hineinstieg, was anschließende aufwändige Reinigungsaktionen nach sich zog, bevor er unser Haus wieder betreten konnte. Jedenfalls so lange, bis er gelernt hatte, unserer warnende Stimme Folge zu leisten, um von seinem sträflichen Tun Abstand zu nehmen. Läuft der Hund zu weit voraus, weil er etwas Interessantes gesichtet hat, so empfiehlt es sich schnell in die entgegengesetzte Richtung zu rennen, um ihn dann, nachdem er sich eines Besseren besonnen hat, mit ausreichendem Sicherheitsabstand zur „Gefahrenquelle“ anzuleinen.

Außerdem stellte ich fest, dass Aiko auch schon mit gut vier Monaten bereit war, die erste Lektion im Bei-Fuß-Gehen zu lernen. Immer wenn wir uns nach einem ausgedehnten Spaziergang wieder auf den Heimweg machten, der Hund sich also genügend „ausgepowert“ hatte, ließ ich Aiko ein Stück weit bei Fuß laufen, was er überraschend schnell begriff. Immer wieder mal legten wir dann ein paar Übungsminuten ein, um ihm die ersten Grundlagen für spätere stressfreie Ausflüge mitzugeben. Wie das Bei-Fuß-Gehen vermittelt wird, hatte ich vor Jahren mit einem Collie-Rüden beim Schäferhunde-Verein gelernt. Es gibt dazu verschiedenen Methoden, die man am besten entsprechenden Fachbüchern entnimmt, oder - noch besser - in einem Hundekurs erfährt.

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